Letzte Helden 2022

Ausgerichtet vom Blankeneser Segel-Club e.V. findet einmal im Jahr die nach eigener Aussage größte Jollenregatta Deutschlands statt.

Im November stellten sich dann sage und schreibe 130 unerschrockene Segler und Seglerinnen auf der Elbe, vor fantastischer Kulisse, den Herausforderungen und suchten den "Letzten Held" des Jahres 2022.

Wenn man sich Zeitpunkt, Revier und Bootsklasse anschaut, dann bekommt der einem zunächst hochtrabend erscheinende Titel eine wahrhafte Bedeutung.

Das Wetter „spielte auch mit“ und bescherte Frost, erste Schneeflocken und anspruchsvolle Winde.

Das hielt die Korsare, Finns, Piraten, 420er, Laser und weitere Jollenklassen nicht davon ab per Yardstickwertung ihre "letzten Helden" zu suchen. 

Die hohe Teilnehmerzahl lässt erahnen, dass das ein begehrter Titel ist. Prominente Namen im Starterfeld wie ILCA7-Weltmeister Philipp Buhl oder der deutsche ILCA6-Meister Willy Sörensen unterstreichen die Attraktivität der Regatta.

Unsere Vereinskollegin Nina Hunke nahm mit ihrem Teamkollegen Christian Raschke vom Segel-Club Stevertalsperre e.V. im Korsar teil.

Die beiden ersegelten mit einer starken Leistung einen beeindruckenden 17. Platz in der Gesamtwertung.

Alle Ergebnisse als pdf-Download 

Bilder: http://www.janhwkruse.de/LH202...

Lest hier nun den Erfahrungsbericht von Christian Raschke:

 

Cool gegen Buhl

Hand aufs Herz: Wer von euch checkt vor einem Regattawochenende nicht auch mindestens einmal pro Tag Windfinder oder andere Wetterapps? Vorfreude ist schließlich die schönste Freude. Oder etwa nicht? Naja, die Aussicht auf nur vier bis sechs Knoten Wind am 19. und 20. November in Blankenese löst keine Jubelstürme aus. Und in Kombination mit Temperaturen um null Grad frage ich mich in der Woche vor den Letzten Helden in Hamburg dann doch, was so toll daran sein soll, zu dieser Jahreszeit auf der Elbe zu segeln.

Aber ein Blick auf die Meldeliste motiviert. Insgesamt 149 Boote, darunter 60 Piraten, mehr als 20 Finn Dinghies und immerhin acht Korsare geben mir das Gefühl, dass es vielleicht doch eine sehr gute Idee sein könnte. Warum sonst kommen so viele, dass der Blankeneser Segel-Club (BSC) einige Tage vor Meldeschluss erklären muss, dass das Limit für die – nach eigener Aussage – größte Jollenregatta Deutschlands erreich sei. Das ist nicht nur zahlenmäßig beeindruckend. Auch einige Namen auf der Liste lassen aufhorchen: „Diverse Europa- und Weltmeister“, schreibt der BSC. Allen voran will der Laser-Weltmeister und zweimaliger Olympiateilnehmer Philipp Buhl bei den Letzten Helden seine Regattapremiere im Finn Dinghy geben. Um es vorwegzunehmen. Gesehen habe ich ihn weder auf dem Wasser noch an Land. Aber er war irgendwo da draußen, denn sein Name stand am Ende ganz oben auf der Ergebnisliste, sowohl in der Finn-Klassenwertung als auch in der Yardstickwertung über alle 134 Starter.

Moment. Es waren doch 149 Meldungen? Ja, einige wenige sind am Ende wohl doch zuhause geblieben – und haben etwas verpasst. Denn die Letzten Helden sind nicht nur wegen Termin und Teilnehmerzahl besonders. Auch das Revier, das Mühlenberger Loch, die Reste von Deutschlands einzigem Süßwasserwatt zwischen Airbus und der Elbinsel Neßsand, ist speziell. Wegen der Gezeiten kann dort nur von zwei Stunden vor bis zwei Stunden nach Hochwasser gesegelt werden. Zum Start braucht die Wettfahrtleitung also nicht nur Wind, sondern auch Wasser. Und auf beides müssen wir am Samstagmorgen warten, nachdem eine sogenannte Sturmebbe am Freitag noch für einen historisch niedrigen Elbpegel gesorgt hatte – knapp 1,5 Meter unter dem mittleren Niedrigwasser. Die Hamburger berichten, dass so etwas extrem selten vorkommt, wenn starker Wind aus südöstlicher Richtung das Wasser aus der Elbmündung herausdrückt.

Kein Wasser und Flaute. Aus dem geplanten Start um 10 Uhr wird schon mal nichts. Also Startverschiebung an Land und den unerschütterlichen Optimismus meiner Vorschoterin Nina im Ohr: „Warts ab, der Wind kommt. Das wird schon noch.“ Sie sollte Recht behalten.

Kurze Zeit später geht der rot weiße Wimpel tatsächlich runter und wir stellen uns in die 100-Boote-Schlange an der EINEN Sliprampe. Am Wasser angekommen nehmen uns zwei BSC-Mitglieder in Wathosen in Empfang und bitten freundlich darum, schon auf dem Slipwagen ins Boot zu steigen. Was für ein Luxus! So bekommen wir keine kalten Füße und die Veranstalter alle Schiffe so schnell wie möglich aus dem Hafen. Überhaupt ist die Organisation bemerkenswert. Eine Handvoll Begleitboote sichert die Flotte ab, wenn sie beim Auslaufen das Elbfahrwasser überquert, in dem Container- und Kreuzfahrtschiffe den Hamburger Hafen anlaufen. Zwischen den Wettfahrten wird von einem der Begleitboote heißer Glühwein und Kakao gereicht. Und dank Smartmarks, selbstfahrenden Tonnen, die GPS-gesteuert ihre Position halten, liegt der Kurs in wenigen Minuten und die Wettfahrtleitung holt routiniert alles aus dem relativ kleinen Zeitfenster heraus, das zum Regattasegeln bleibt.

So segeln wir am Samstag und Sonntag insgesamt vier Läufe, bei denen die Positionen innerhalb des kleinen Korsar-Feldes immer wieder wechseln. Bester Korsar und Sieger unserer Yardstick-Gruppe werden Dennis und Stefan, vor Ralf und Jürgen und Peter und Sabine. Spannender ist aber der Blick auf die Gesamtwertung, in der Dennis und Stefan siebte werden und alle sieben Korsare in den Top-30 reinkommen! Dabei machen nicht nur Wind und Strom die Taktik auf der Kreuz anspruchsvoll. Auch die anderen Yardstick-Teilnehmer versperren bisweilen den Weg. „Wo soll ich hin, da ist ein Finn?“, frage ich Nina mehr als einmal. Immerhin beruht der Frust auf Gegenseitigkeit. „Boah, ihr nervt“, ruft uns ein Finn-Segler kurz vor der Luvtonne rüber, als wir ihn überlaufen. Egal, am Ende überwiegt bei allen das gute Gefühl, dass die Segelsaison eben doch noch nicht ganz zu Ende ist. Und beim Einlaufbier im Hafen sind alle Unstimmigkeiten zwischen den Bootsklassen vergessen.

Erst recht bei der Party im Bootshaus, die die BSC-Jugend am Samstagabend organisiert. Für 12 Euro gibt es so viele warme und kalte Getränke wie das Herz begehrt und die Leber verträgt. Aber davon müssen Nik und Bjarne berichten, die die Korsar-Jugend dort unter den vielen, vielen Piraten würdig vertreten. Nina hört im Wohnmobil, wie die letzten Party-Helden erst morgens um fünf zu ihrem Bulli stolpern. Gut, dass die Tide am Sonntag erst eine Stunde später kommt…

 

Herzlichen Dank an Hardy Lange und natürlich Christian Raschke für diesen lesenswerten Bericht. 

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